was ist eine Ohrwaschlfürta?

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was ist eine Ohrwaschlfürta?

Beitragvon ju_wien » 26.08.2014 08:21

in einem buch über trachten im wiener raum steht, dass zur sieveringer alltagstracht häufig eine "Ohrwaschlfürta", eine blaue baumwollschürze, getragen wird, aber keine nähere erklärung, wie die Ohrwaschlfürta sich von einer normalen dirndlschürze unterscheidet und woher der name kommen könnte.

wenn ich danach google, finde ich einen ausschnitt aus genau diesem buch: http://www.wien-vienna.at/mobile/popup. ... tracht.htm und keinen weiteren treffer.

wenn ich nach ohrwaschlschürze google, finde ich noch einen link zu böhmerwälder trachten http://www.dbb-aalen.de/Kultur/Kultur_Tracht.html dort gibts sogar ein foto, aber mehr, als dass die schürze blau ist und rechts unten ein monogramm eingestickt ist, sehe ich da auch nicht.

weiss eine von euch zufällig, was es mit dieser ohrwaschlschürze auf sich hat? ("fürta" oder "fürtuch" / "vortuch" sind alte ausdrücke für schürze.)

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Re: was ist eine Ohrwaschlfürta?

Beitragvon Phoenix » 26.08.2014 10:27

Das einzige, was mir an den Bilder auffällt ist, dass die Schürze nicht eingereiht, gestiftelt oder gefaltet ist, sondern glatt aussieht. Vielleicht ist sie eine Art "Arbeitsschürze"? Ging ja doch wesentlich leichter zu bügeln, auch schon vor einigen Jahrzehnten, als dieses zusammengeraffte Zeug - leidvolle Erfahrung *hihihi* Aber ich lasse die Profis gerne vortreten, Trachten sind nicht mein Gebiet.
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Re: was ist eine Ohrwaschlfürta?

Beitragvon ju_wien » 26.08.2014 10:37

dass sie nicht gezogen ist, ist mir auch aufgefallen. in dem wiener text wird auch noch darauf hingewiesen, dass die blaue schürze eine typische arbeitsschürze der winzer ist/war.

bei "ohrwaschl" würde ich halt erwarten, dass irgendwo teile angenäht oder umgebogen sind (wie ein "eselsohr"). davon sehe ich aber nichts.

bei der suche grad gefunden: auf der website des volkskundemuseums werden viele alte ausgaben der "Österreichischen Zeitschrift für Volkskunde" digitalisiert zur verfügung gestellt: http://www.volkskundemuseum.at/ozv_jahrgange die sind eine fundgrube fuer historische bekleidungsstücke. in diesem heft von 1961 http://volkskundemuseum.at/jart/prj3/vo ... V_1961.pdf finden sich zb artikel über die holzfällermäntel aus dem stodertal und über die bedeutung der farbe rot in der bekleidung. (google findet das heft bei der suche nach "achselkern", zu hemden oder dirndlblusen muss also auch noch was drinnen stehen, das heft hat über 300 seiten.)

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Re: was ist eine Ohrwaschlfürta?

Beitragvon ju_wien » 26.08.2014 10:59

und jetzt komplett offtopic: im volkskundemuseum gibt/gab es ferienprogramm für kinder:
http://volkskundemuseum.at/veranstaltungen/kalender
das meiste davon ist schon vorbei, aber am donnerstag gibt noch
Schlangen, Drachen, Mäuse
Für 6-10jährige
Do, 28.08.2014
Wir suchen Drachen und Schlangen aus Holz und Metall sowie auf Bildern und Masken. Spannende Geschichten über Glück bringende Hausnattern und Drachenkämpfe in Österreich bereichern das Programm. Doch was haben die Mäuse mit alldem zu tun? Im Workshop basteln wir einen coolen Lindwurm aus Stoffen und Holzperlen. Bei Schönwetter sind wir im Garten.
Kosten pro Kind: € 2,- Erwachsene: € 3,50 -

http://volkskundemuseum.at/jart/prj3/vo ... ode=active
ansonsten fürs nächste jahr merken.

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Re: was ist eine Ohrwaschlfürta?

Beitragvon boehnchen » 26.08.2014 12:30

Was mir dazu einfällt: im Mühlviertel wird/wurde zum Arbeiten eine blaue Schürze, der "Fürfleck" getragen. Da wurden dann die beiden unteren Ecken oben an der Taille in den Bund/das Band gesteckt, damits zu einer Art Tasche wurde - zb. bei der Aussaat - mit etwas Fantasie könnte man meinen, dass das dann wie ein Ohrwaschl aussieht ... ich find leider kein Bild dazu ums zu verdeutlichen
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Re: was ist eine Ohrwaschlfürta?

Beitragvon ju_wien » 26.08.2014 13:22

danke, das könnte es tatsächlich sein! eine eingebogene ecke in einem buch heisst ja auch "eselsohr". ich hab das bild vom "sämann" aus einem volksschullesebuch vor augen, der die schürze auch wie eine tasche trug. auf den dirndl-fotos ist sie glatt runtergehangen, daher bin ich nicht draufgekommen.

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Re: was ist eine Ohrwaschlfürta?

Beitragvon Strawberry Shortcake » 26.08.2014 14:19

ich hätt jetzt eher vermutet dass es nicht "ohrwaschlfürta" heisst sondern "oabatsfürta" also arbeitsschürze

meine oma hatte sowas auch bei der arbeit immer an eine blaue schürze (aus so einem ähnlichen stoff wie früher die blaumänner waren)
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Re: was ist eine Ohrwaschlfürta?

Beitragvon ju_wien » 26.08.2014 15:04

Arbeitsschürze klingt sinnvoll. In dem Buch steht wörtlich:

Sievering

Alltagstracht

Auch hier in Sievering finden wir ein "Schnürleibl", doch diesmal am Rücken geschnürt. [1] Der viereckige Ausschnitt, der nach hinten bootsföärmig verläuft, gibt dem Leibchen seine gefällige Form. Auch hier bleibt die Verschnürung am oberen Ausschnittrand etwas offen und wird, zur Taille hin verlaufend, geschlossen. Dieser Leiblkittel aus Rotdruck mit der dunkelblauen Schürze ist zu einer der beliebtesten Alltagstrachten geworden. Häufig wird auch das sogenannte "Ohrwaschlfürta" aus einfärbig dunkelblauem Baumwollmaterial dazu getragen. Wie alle Wäschestücke wurde auch die Schürze gemerkt, so finden wir oft heute noch auf der "Ohrwaschlschürze" ein Monogramm aus rotem Garn in der rechten unteren Ecke. Die Bänder, "Köperbänder", werden vorne gebunden.


Christl Schöffer, Hannelore Rosenberger: Alte Volkskunst. Trachten aus und rund um Wien. Ein Werkbuch (mit Schnittmusterbogen). Graz: Leopold Stocker Verlag, 1985.

[1] 2 seiten weiter vorne wird die Grinzinger Alltagstracht beschrieben, bei der das Leibl vorne geschnürt ist.
Köperbänder deutet auch darauf hin, dass es sich um eine Arbeitsschürze handelt. (Früher gab es in vielen Regionen 2 Schürzen zum Dirndl: eine robuste, dunkle zur Arbeit und eine weiße, bestickte oder weißgrundige für den Sonntag.)

NB: das alles nur, weil ich wissen wollte, wie gross der achselkeil (je nach region Achselkern, Iachsnkern, Ixenkern ...) bei einer traditionellen dirndlbluse ist. ich habe quadrate mit 8 oder 9 cm seitenlänge gefunden. siehe viewtopic.php?style=36&f=72&t=5547&p=109778#p109776

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Re: was ist eine Ohrwaschlfürta?

Beitragvon Erika50 » 26.08.2014 16:15

Das mit dem Reinstecken der Schürzenzipfel in den Bund, um z.B. aus dem Garten Früchte mitzunehmen, kenne ich
auch von einer alten Tante, die immer ein "Fürta" getragen hat.
LG Erika
Liebe Grüße Erika.


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Re: was ist eine Ohrwaschlfürta?

Beitragvon ju_wien » 28.08.2014 10:40

ich glaube, dass ich die antwort jetzt gefunden habe. in einem anderen trachtenbuch aus dem wiener raum findet sich die folgende abbildung einer "Ohrwaschlschürze".
ohrwaschlschuerze_800.jpg

da sieht man, dass die seitlichen teile nicht vollständig am bund festgenäht sind, sondern runterhängen.

hinten im anleitungsteil steht, dass die ohrwaschlschüre aus einem dunkelblauen glatten, ca 60 x 80 (= länge + 10 cm) stück stoff gearbeitet wird. oben werden 2 oder 4 kleine abnäher genäht, daran wird kein bund genäht, sondern die schürze wird oben doppelt umgeschlagen und gesäumt. die verstürzten, etwa 2 cm breiten bindebänder werden 10 cm von der außenkante entfernt angenäht. dadurch entstehen die frei herunterhängenden "Ohrwascheln".

quelle: Hilde Seidl, Trachten für Wien und sein Umland, Wien: Bundesverlag 1989.

in dem ersten trachtenbuch, wo auch das sieveringer dirndl beschrieben ist, stand im text zwar "ohrwaschlfirta", aber auf der abbildung war eine normale gezogene dirndlschürze zu sehen. daher das rätselraten.
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Re: was ist eine Ohrwaschlfürta?

Beitragvon Erika50 » 28.08.2014 10:45

Und wozu dienten jetzt die "Ohrwascheln"? Oder waren die nur reine Zierde?
LG Erika.
Liebe Grüße Erika.


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Re: was ist eine Ohrwaschlfürta?

Beitragvon ju_wien » 28.08.2014 11:02

bei der dirndlschürze sind sie wahrscheinlich reine zierde. bei der arbeitsschürze haben sie sich imo aus der stoffbreite ergeben. wenn man da die bindebänder ganz am ende annäht, geht die schürze um die taille nach hinten und spannt an den hüften, da sie ja nicht gezogen ist. (kann jede mit einem stück stoff probieren.) dadurch, dass die bänder weiter innen angenäht werden, umgeht man dieses problem. wenn die schürze sehr schmal wäre, hätte man das problem auch nicht, aber dann würde sie den rock darunter nicht schützen.

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