Gewerbeordnung/Kleidermacher

Alle anderen Themen bitte hierher. Wir werden sehen, wofür noch Bedarf besteht.

Re: Gewerbeordnung/Kleidermacher

Beitragvon ju_wien » 28.03.2015 03:44

Modeakademie Sitam hat geschrieben:Eine Begründung eines Unterstützers:

Weil eine gute Freundin in dieser Branche tätig werden möchte und ich der Meinung bin, dass man nicht alles mit Geld/Steuern erschweren soll


schön. seine freundin soll von steuern und gebühr für den gewerbeschein befreit werden. dann ist das aber eine verzerrung des wettbewerbs, weil alle anderen ja steuern und gebühren zahlen müssen und sie nicht. steuerfrei für alle wäre zwar nett, spielts aber schon seit einigen tausend jahren nicht. ich glaub nicht, dass wir dafür in kürze eine lösung finden können ;)

wer so wenig verkaufen kann, dass er/sie nicht in der lage ist, den gewerbeschein zu bezahlen, soll sein/ihr hobby als hobby genießen und familie und freund_innen mit den werken beglücken, aber kein gewerbe betreiben.

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Re: Gewerbeordnung/Kleidermacher

Beitragvon ju_wien » 28.03.2015 04:15

Modeakademie Sitam hat geschrieben:Hier ein Grund für eine Zustimmungserklärung nicht von mir sondern von einem Unterstützer:

Weil es äußerst kompliziert ist in diesem wirr warr an verschiedenen Auflagen zu verkaufen, auch wir haben das Recht darauf unser Handwerk zu verkaufen und wir machen mit Sicherheit keiner mass Schneiderei Konkurrenz, da unsere arbeitsn sich völlig zu denen einer mass Schneiderei im herkömmlichen sinne unterscheiden, ich vetstehe überhaupt nicht warum es einem in diesem gewerbe so schwer gemacht wird wenn man fleißig ist und suf eigenen beinen stehen möchte mit dem was man mit liebe tut und gut kann. Die nachfrage ist riesig doch es sibd einem die Hände gebunden!



nicht bös sein, aber wer es nicht schafft, sich bei der zuständigen kammer die auskünfte zu holen, der ist einfach nicht geeignet, ein geschäft zu führen, ganz gleich, in welcher branche. da geht es jetzt nicht nur um die herstellung von kleidern. auch wer einen würstelstand betreiben will, muss hygiene- preisauszeichnungs- und öffnungszeitenvorschriften beachten und aufzeichnungen über die ein- und ausgaben führen.

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Re: Gewerbeordnung/Kleidermacher

Beitragvon ju_wien » 28.03.2015 04:34

Modeakademie Sitam hat geschrieben: Denke nicht, dass man bei der Volkshochsule das Konstruieren von Schnitten erlernt.


aber ja. vielleicht solltest du dich gelegentlich über die realen gegebenheiten informieren :) ein rockschnitt gehört in vielen volkshochschulnähkursen dazu. darüber hinausgehende schnittzeichenkurse werden zb an der vhs penzing und der künstlerischen vhs (lazarettgasse) angeboten, kommen allerdings nicht jedes semester zustande, da es nicht so viele interessent_innen gibt. in manchen vhs nähkursen sitzen übrigens auch leute, die sich auf die prüfung bei der kammer vorbereiten.


Ein Grund für die Zustimmung eines Unterstützers:

Weil es dadurch nur Vorteile geben kann - für Produzenten, Kunden und die Wirtschaft. Es ist so schon schwer genug, sich in Österreich selbstständig zu machen (hohe SVA Gebühren etc.) - ein geschlossenes Gewerbe in diesem Bereich macht es so gut wie unmöglich, ...


die modegwererbe sind alle keine geschlossenen gewerbe. jeder, der die voraussetzungen erfüllt, kann sie ausüben. geschlossene gewerbe sind zb rauchfangkehrer. da wird der bedarf geprüft, bevor eine neue konzession erteilt wird.

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Re: Gewerbeordnung/Kleidermacher

Beitragvon ju_wien » 28.03.2015 04:52

Modeakademie Sitam hat geschrieben:Hast Du falsch verstanden. Gemeint war, warum soll der Keidemacher, der Kindermoden produzieren möchte die gleiche Ausbildung machen wie ein Kleidermacher, der Brautmode produzieren möchte.


wie genau unterscheiden sich beide, außer in der größe? festliche kleider für kleine mädchen werden aus den gleichen materialien angefertigt wie braut- oder ballkleider. taufkleider bestehen oft aus vielen metern spitze und stickerei.

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Re: Gewerbeordnung/Kleidermacher

Beitragvon Modeakademie Sitam » 28.03.2015 08:43

ju_wien hat geschrieben:
Modeakademie Sitam hat geschrieben:Hast Du falsch verstanden. Gemeint war, warum soll der Keidemacher, der Kindermoden produzieren möchte die gleiche Ausbildung machen wie ein Kleidermacher, der Brautmode produzieren möchte.


wie genau unterscheiden sich beide, außer in der größe? festliche kleider für kleine mädchen werden aus den gleichen materialien angefertigt wie braut- oder ballkleider. taufkleider bestehen oft aus vielen metern spitze und stickerei.



Vielen Dank für Deine Anregungen und Deine Meinung. :)

Hier einige Meinungen von Leuten, die sich mit unserem Thema FREIES GEWERBE für den DAMEN- & HERRENKLEIDERMACHER auch beschäftigen.

GRÜNE WIRTSCHAT

Führte erste Beratungen durch, unterstützt unsere Forderung im Parlament und in der WKO

Team Stronach

Ich habe Ihr Anliegen unserer Wirtschaftssprecherin Dr. Kathrin Nachbaur mitgeteilt. Sie unterstützt Ihre Initiative gerne!
Wenn Sie uns Links, Dokumente etc. senden, verbreiten wir diese gerne für Sie.


RFW Österreich

Mit Ihrer Petition erheben Sie viele richtige Forderungen! Es ist wichtig, dass das Unternehmertum bzw. die Selbständigkeit in Österreich nachhaltig gefördert wird. Durch bürokratische Hürden und übermäßige finanzielle Belastungen werden Menschen in ihrem beruflichen Fortkommen behindert. Es müssen daher Maßnahmen gesetzt werden, um die erwähnten Barrikaden zu überwinden.

Deshalb unterstützen wir Ihr Anliegen und werden die Petition an unsere Mitglieder weiterleiten und sie um Unterzeichnung ersuchen. Für Fragen oder Anregungen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
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Re: Gewerbeordnung/Kleidermacher

Beitragvon littlebee » 28.03.2015 10:18

Modeakademie Sitam hat geschrieben:
Es geht aber nicht um die Schule sondern um die Forderung.



NATÜRLICH geht es um deine AKADEMIE (NICHT Schule) wenn du den Petitionsantrag im Namen deiner Akademie einbringst und nicht als Privatperson

Ich finde dann musst du dir auch Fragen zu eben solcher anhören und ggf beantworten

ps: bitte keine Antwort mit "eine Begründung eines Unterstützers", danke
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Re: Gewerbeordnung/Kleidermacher

Beitragvon Modeakademie Sitam » 28.03.2015 14:06

littlebee hat geschrieben:
Modeakademie Sitam hat geschrieben:
Es geht aber nicht um die Schule sondern um die Forderung.



NATÜRLICH geht es um deine AKADEMIE (NICHT Schule) wenn du den Petitionsantrag im Namen deiner Akademie einbringst und nicht als Privatperson

Ich finde dann musst du dir auch Fragen zu eben solcher anhören und ggf beantworten

ps: bitte keine Antwort mit "eine Begründung eines Unterstützers", danke



Denke, dass sich ein Tag der offenen Tür für die vielen Fragen eher eignen wird als hier zu schreiben. Ihr könnt euch dann vor Ort ein Bild über die Schule machen.

Vielen Dank für die vielen Anregungen, Ratschläge usw.......waren sehr viele hilfreiche dabei.

IHR SEID WUNDERBARE MENSCHEN! :)

Kann mich leider nicht mehr so oft melden, halte euch aber auf dem Laufenden!

VIELEN DANK FÜR EUER VERSTÄNDNIS!
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Re: Gewerbeordnung/Kleidermacher

Beitragvon nadelkissen » 28.03.2015 18:04

Ich finde als Modeakademie sollte man nicht so kurzfristig denken. Ja, freis Gewerbe kurbelt im Moment vielleicht die Wirtschaft an, ABER die vielen schwarzen Schafe die durch das fehlende "Aussiebungsverfahren" der Branche einen schlechten Ruf bescheren ruinieren diesen nicht für Jahre sondern sogar für Generationen. Dann ist das Schneidergewerbe wirklich TOT.
Ein langfristiger Denkansatz für die Modeakademie wäre vielleicht eine Qualitätskontrolle einführen/verbessern[1], und einen Kooperationspartner finden bei dem Eure AbsolventInnen den ev. benötigten kaufmännischen Teil der Ausbildung absolvieren können und dafür kämpfen das Eure AbsolventInnen bei der Innung zur Meisterprüfung zugelassen werden.
Ich finde es sehr gut das es neben dem Standart Schnittzeichensystem Müller&Sohn noch eine alternative gibt, ich würde mir sogar mehr wünschen. Ca.bis in die 60er Jahre hat es noch sehr viele verschiedene Systeme gegeben, und die Kleidungsstücke haben einfach toll gepasst. Ich wünsche mir vielfalt.
Wenn Ihr eine Pettition wegen der Zulassung Eures Systems zur Meisterprüfung macht habt Ihr meine follste Unterstützung.
[1] Viele "Fehler" lassen sich durch anständiges fertigbügeln vermeiden, und durch konstruktive Kritik lerrnt man ja auch was. Auch ich habe Kunden denen ist es nicht so wichtig wie das fertige Werkstück aussieht, da weise ich nur darauf hin worauf man beim nächsten mal etwas mehr acht geben sollte. Andererseits habe ich wieder Kunden die übertreffen fast mich in Sachen Genauigkeit, da wird natürlich dann auch viel getrennt und verbessert. In meinem Geschäft bilde ich im Gegensatz zu Euch keine Damen-und Herrenkleidermacher aus, sondern helfe hauptsächlich Hobbyschneiderinnen bei ihren Projekten.
Für jedes Problem gibt es mehrere Lösungen, finde die richtige Lösung für dich.

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Re: Gewerbeordnung/Kleidermacher

Beitragvon cucire » 28.03.2015 20:13

liebe nadelkissen, ich sehe das so wie du.
das gewerbe meines mannes ist auch ein freies geworden und schon vorher haben es angelernte personen ausgeübt.
die folgen sind beinahe so, wie du es schilderst. verschlimmernd kommt dazu, dass wegen pfuscharbeit nur mehr wenige hochwertige werkzeuge für schneider und hobbyschneiderinnen verkauft werden können und die produktion und verwendung von -übertrieben ausgedrückt - wegwerfwerkzeugen alltäglich wurde.
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Re: Gewerbeordnung/Kleidermacher

Beitragvon Stephanie » 29.03.2015 15:05

Liebe Diskutierende!

Ertsmals möchte ich mich für diese sehr lang ausgefallene Stellungnahme zu diesem Thema entschuldigen. Ich möchte das Forum hier nicht mit meiner Meinung zupflastern, habe aber sehr viel dazu zu sagen, weil mich das Thema selbst betrifft.

Also, ich habe die Petition unterschrieben.

Ich bin keine Schülerin der Akademie Sitam, war auch nie eine und plane auch nicht eine zu werden. Ich habe einmal einen dreitägigen Workshop dort besucht, den der japanische Modedesigner Shingo Sato unterrichtet hat und kenne daher die Akademie und habe so von der Petition erfahren.

Ich möchte gerne zu den hier gefallenen Argumenten gegen eine freie Gewerberegelung Stellung nehmen und erklären, warum ich diese Petition für wichtig halte und unterschrieben habe.

In Österreich ist die Gewerbeordnung sehr streng. Ich habe eineinhalb Jahre in England gelebt und habe dort problemlos als Näh- und Schnittzeichenlehrerin gearbeitet (das dürfte ich übrigens auch in Österreich) und hätte auch meine eigenen gefertigten Werke verkaufen können, so wie es auch eine Kollegin von mir gemacht hat, die keine Ausbildung hatte. Ihre Schwiegermutter hatte ebenfalls ein boomendes Geschäft mit selbstgenähter Retro-Kleidung – ebenfalls ohne Ausbildung.

Ich denke, es geht bei der Frage, ob das Gewerbe frei sein sollte oder nicht vorrangig um die Frage der Mündigkeit der BürgerInnen, sowohl derer die verkaufen wollen, als auch derer die kaufen wollen.

Mich haben schon des öfteren Leute gefragt, ob ich eine Auftragsarbeit annehmen würde, weil sie gesehen haben, was ich nähe. Ich muss daraufhin leider immer mit “Nein” antworten, weil ich das gesetzlich nicht darf. Also das Gesetz verbietet demnach KonsumentInnen etwas bei mir zu kaufen, das sie haben möchten und ich herstellen kann. Sowohl ich als auch die potenziellen KonsumentInnen werden daher als unmündig gesehen, diese Entscheidung selbst zu tragen.

Hier sind weitere Argumente, die gegen ein freies Gewerbe gefallen sind, auf die ich gerne eingehen möchte:

1) Fehlender Schutz für KonsumentInnen

Als mündige/r BürgerIn muss man sich immer genau ansehen, was man kauft und was nicht. Es gibt sehr viele freie Gewerbe, in denen es ebenso zu Enttäuschungen und Unzufriedenheit bei KundInnen kommen kann.

Webdesign, Hutmacherei oder Schmuckerstellung aus Nicht-Edelmetallen sind, zum Beispiel, auch freie Gewerbe. Wenn man jemanden beauftragt, eine Webseite für die eigene Firma zu gestalten, kann das auch zu Enttäuschungen führen und das Endresultat nicht dem entsprechen, was man sich vorgestellt hat. Trotzdem sind diese Gewerbe frei.

2) Wer wirklich will, kann sich im zweiten Bildungsweg ausbilden lassen und so zu einem Meisterbrief kommen.

Hier möchte ich gerne auf meine eigene Erfahrung eingehen. Ich würde meine Sachen gerne verkaufen und die Meisterprüfung extern ablegen. Da ich berufstätig bin und es mir nicht leisten kann, ohne Arbeit zu sein, kann ich keine Lehre machen und ebenso kein Modekolleg besuchen, welches min. dreijährig Vollzeit ist, bis ich einen Meister bekommen könnte.

Alternativ bietet das WiFi (ein profitorientiertes Unternehmen) Vorbereitungskurse für die Meisterprüfung an. Leider wurden diese dieses und auch letztes Jahr wegen zu wenigen Anmeldungen abgesagt. Außerdem hätten diese Kurse tagsüber stattgefunden (nicht mit Arbeit vereinbar) und kosten ca. € 4000. Dazu kommen noch €437 an Prüfungsgebühren für die Meisterprüfung an der Modeinnung dazu (ohne Zusatzprüfungen, die man ohne Lehrabschluss ablegen muss und ohne Materialkosten) und ca. € 300 für die Unternehmerprüfung plus zusätzlich, sollte man es schwierig finden, sich auf die Unternehmerprüfung selbständig vorzubereiten, nochmals ein Kurs, z.B. am WiFi (derzeit € 1590) für die Vorbereitung auf die Unternehmerprüfung. Das alles nur damit ich einen kleinen Zuverdienst haben kann, wenn zu mir jemand kommt und gerne etwas von mir genäht bekommen würde.

Die Modeinnung bietet diesen Sommer auch einen Vorbereitungskurs an. Der kostet ca. € 1000, bereitet einen jedoch nur auf das Modul 1 vor, und kann nur besucht werden, wenn man schon einen Lehrabschluss hat.

Außerdem verlangt die Modeinnung, dass man nach dem System Müller München schnittzeichnet (Müller München = ebenfalls profitorientiertes Unternehmen – alle drei notwendigen Fachbücher für die Damenkleidermacherei kosten zusammen ca. € 450). Andere Schnittzeichensysteme werden nicht akzeptiert, was absurd ist und bedeuten würde, dass alle Schulen und Länder, die nicht genau dieses Schnittzeichensystem nutzen, vollkommen dilettantisch arbeiten und nicht zu guten Ergebnissen kommen. Das Ergebnis sollte zählen, nicht die Methode.

So viel zum zweiten Bildungsweg.

3) Zu viele Unternehmen würden, wenn das Gewerbe frei wäre, wegen Geschäftsuntüchtigkeit und übersättigtem Markt in Konkurs gehen.

Es geht hier wiederum, um die Mündigkeit der BürgerInnen. Es gibt viele Unternehmen, die man in Österreich gründen kann, ohne seine Geschäftstüchtigkeit vorher unter Beweis stellen zu müssen. Ich war, zum Beispiel, einige Jahre freiberuflich als Englischtrainerin tätig. Da hat mich auch niemand gefragt, ob ich das überhaupt kann, weiß was für Kompetenzen ich dazu brauche oder hat mich aufgehalten, weil der Markt schon übersättigt sei.

Warum soll Geschäftsuntüchtigkeit und Übersättigung des Marktes also für das Schneiderei-Gewerbe ein Kriterium sein. Sollen mündige BürgerInnen doch Unternehmen gründen so viele sie wollen und dann wieder in Konkurs gehen.

In einer freien Marktwirtschaft (in der wir zum besseren oder schlechteren teilweise leben - darüber kann man streiten, aber vielleicht nicht gerade hier und jetzt :)) ist die Idee die, dass sich der Markt von selbst regelt und nicht, dass Gewerbeberechtigungen nur für jene Branchen ausgegeben werden, die der Staat für noch nicht übersättigt hält. Demnach finde ich, dass die Übersättigung des Marktes kein gutes Argument ist, da Gewerbeberechtigungen nicht dafür gedacht sind, sich in so was einzumischen.

Daher glaube ich müssen wir uns, um zu entscheiden, ob das Gewerbe “Damen- und HerrenkleidermacherIn” frei sein sollte, lediglich folgende Frage stellen:

Schadet es KonsumentInnen, wenn Kleidung zum Verkauf steht, die von Menschen hergestellt wurde, die keinen Meisterbrief besitzen? Was sind die Risiken und Konsequenzen? Sind diese anders als, zum Beispiel, bei WebdesignerInnen, SchmuckherstellerInnen aus Nicht-Edelmetall, oder ModistInnen…?

Wenn wir diese Frage mit “Nein” beantworten, dann muss das Gewerbe frei sein. Wir können als Staat nicht einfach sagen, die Branche muss geschützt werden und der Eintritt erschwert werden, um die existierenden heimischen Betriebe künstlich vor Übersättigung anderer (eventuell sogar besserer) Betriebe zu schützen. Das grenzt an Monopolisierung und Protektionismus.

Der Markt und die KonsumentInnen müssen entscheiden, was sie wo kaufen wollen und was nicht. Und es spricht ja nichts dagegen, dass sich jemand, der eine Meisterschneiderei hat, diese auch so bewirbt. Wenn ich ein Ballkleid geschneidert haben will, geh ich dann auch lieber in einen “Meisterbetrieb” mit langjähriger Erfahrung als zu der, die auf Etsy oder DaWanda Jersey-Leiberl verkauft. Aber wenn ich ein von jemandem in Österreich hergestelltes Jersey-Leiberl haben will, will ich das auch kaufen können, wenn es mir gefällt. Egal ob die/der ProduzentIn einen Meister hat oder nicht. Dann möchte ich deshalb nicht auf Anbieter aus anderen Ländern ausweichen müssen, weil die das in ihren Ländern und somit auch an mich in Österreich verkaufen dürfen.

In anderen Ländern, wie, zum Beispiel, Großbritannien und Deutschland, ist das Gewerbe frei und dort hat das auch keine katastrophalen Folgen, sondern regelt sich gut selbst. Beide diese Länder habe auch einen besseren Ruf, was die Schneiderei und die Modebranche betrifft, als Österreich. In England gibt es trotz fehlender Regelungen, reges Interesse daran, zum Beispiel, an der weltberühmten Saville Row in London, in Lehre zu gehen oder dort ein Praktikum abzulegen. Nicht, weil es wegen einer Gewerbeordnung notwendig ist, sondern, weil die dort einfach auf hohem Niveau schneidern und sich damit gegen die Konkurrenz durchsetzen können.

Manchmal bereue ich es gar, wieder zurück nach Österreich gezogen zu sein, weil ich hier meinem Interesse nur hobbymäßig nachgehen kann, während ich in England auch ohne Ausbildung für meine Arbeit geschätzt wurde und dieser auch in meinem Beruf nachgehen konnte, weil man mich nach meinen Resultaten beurteilt hat.

Selbst würde ich es mir nicht zutrauen, eine Maßschneiderei zu öffnen, denn ich weiß gut genug, was ich kann und was nicht. Ich würde jedoch gerne einige meiner Modestücke verkaufen können. Leider geht das in Österreich nicht.

So, jetzt habe ich aber genug gesagt.

P.S.: Nein, eines noch: Ich denke, die Akademie Sitam hat die Petition “Freies Gewerbe für Damen- und Herrenkleidermacher” genannt, weil dieses eine Gewerbe eben alles regelt, das mit dem Herstellen und anschließenden Verkauf von Kleidung für Damen und Herren zu tun hat. Es gibt hier im Gesetz keine Abstufungen. Ob du ein Leiberl nähen und auf einem Marktstand verkaufen willst, oder exklusive maßgeschneiderte Einzelanfertigungen herstellen möchtest, spielt keine Rolle. Für beides braucht man diesen einen Gewerbeschein.

Danke, wenn ihr es bis hierher geschafft habt und alles gelesen habt. Ich hoffe, ich konnte einige von euch von der Dringlichkeit einer Änderung dieser Gewerbeordnung überzeugen. Sollte das so sein, bitte unterschreibt diese Petition.

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Re: Gewerbeordnung/Kleidermacher

Beitragvon ju_wien » 29.03.2015 16:23

Stephanie hat geschrieben:Hier möchte ich gerne auf meine eigene Erfahrung eingehen. Ich würde meine Sachen gerne verkaufen und die Meisterprüfung extern ablegen. Da ich berufstätig bin und es mir nicht leisten kann, ohne Arbeit zu sein, kann ich keine Lehre machen und ebenso kein Modekolleg besuchen, welches min. dreijährig Vollzeit ist, bis ich einen Meister bekommen könnte.


1. andere leute schaffen es sehr wohl, neben dem brotberuf noch ein praktikum zu machen. das ist anstrengend und nicht bei jedem arbeitsplatz gleich leicht realisierbar, aber es gibt genügend beispiele dafür, dass es zu schaffen ist, wenn man will.

2. es gibt auch die möglichkeit, das praktikum übers AMS finanzieren zu lassen. das weiß ich auch erst seit gestern, da ich mit einer meisterin und betreiberin eines couturesalons zusammengetroffen bin und sie es mir gesagt hat.

3. @ müller münchen: das ist nicht nur in österreich das vorherrschende konstruktionssystem, sondern auch in deutschland und von da her ist es sinnvoll, es zumindest zu können, wenn man einen job finden will und/oder mit anderen im team zusammen arbeiten will. andere konstruktionssysteme können als ergänzung sehr wertvoll sein oder sind vielleicht sogar besser. wenn du selbständig arbeitest, kannst du dir sowieso aussuchen, nach welchem system du arbeitest oder ein eigenes erfinden. das ist so wie bei vielen anderen lerninhalten auch: man muss sie zumindest bis zur abschlussprüfung können und danach wird man schon sehen, ob sie fürs leben sinnvoll sind.

vor etlichen jahren gab es an einer der wiener modeschulen (weiß nicht mehr, ob herbststraße oder michelbeuern) eine abendausbildung. anscheinend gab es dafür nicht genügend interesse, sonst wäre der schulzweig wohl weitergeführt worden.

willkommen im forum übrigens :) :)

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Re: Gewerbeordnung/Kleidermacher

Beitragvon Querdenkerin » 01.04.2015 12:08

Ich muss auch meinen Senf dazu geben.
Die Ausführungen von Ju_wien kann ich nur zu 100% unterstreichen.

Aber ich finde, wegen einer Handvoll Leute gleich die Gewerbeordnung ändern zu wollen ist schon übertrieben.
Der Zugang zum Gewerbe ist auch so äusserst leicht und einfach.
Jeder mit Lehrabschluss darf eine Änderungsschneiderei anmelden. Mit Befähigungsprüfung auch das volle Gewerbe.
Ab 40 gibt es nochmals erleichterten Zugang. Nicht zu vergessen, die vielen Ausnahmemöglichkeiten wenn man das Gewerbe zum Beispiel eingeschränkt auf Kinderbekleidung anmelden will.

Für mich ist der Punkt ein anderer. Personen, die meinen, man müsste ihnen alles zu Füssen zu legen, die den Weg selber nicht finden, sind ohnehin ungeeignet einen Betrieb zu führen. Ein Gewerbe auszuüben ist kein Kindergeburtstag. Ohne entsprechende Ausbildung schon gar nicht. Oder was meint man, warum eine 3-jährige Lehrausbildung vorgesehen ist? Da wären alle schön blöd, die sich eine Lehre und Praxisjahre antun. Wenn manche meinen, der Zugang ist zu schwer, zu umständlich, sollten sie bedenken, dass die Gesetze auch zu ihrem eigenen Schutz bestehen. Es gibt nun einmal Regeln und Vorschriften, an die wir uns zu halten haben.
Jemand, der gerne näht und meint, er müsste das als selbstständige Damen- und Herrenkleidermacherin tun, sollte einmal überlegen : kann man nur mit Aufträgen aus Familie und Freunden leben? Wie lange arbeitet man an so einem Stück? Kann man dafür ein Honorar verlangen, mit dem man auskommt? Kann man die Regien damit decken? Will man überhaupt mit der Hände Arbeit Geld verdienen? Zu meckern über Sozialversicherung und Steuern, zeugt von wenig Intelligenz. Wenn man meint, man macht sich selbstständig und alle Probleme sind gelöst, irrt man gewaltig.
Es wäre ein Verbrechen, Leute ohne Hinweis auf die Kehrseite der Medaille ins Verderben rennen zu lassen.

Wissen die Damen und Herren, die so inständig ein freies Gewerbe fordern überhaupt, wie der Alltag eines Kleidermachers aussieht? Wieviel unproduktive Zeit anfällt, bevor ein Stück in Produktion geht? Da tut sich ein gut ausgebildeter EPU schon schwer. Es kann nicht Sinn und Zweck sein, nur um des Nähens Willen, einen 16 Std. Tag zu haben und umgelegt auf die Std. 4 € zu verdienen. Da gehe ich lieber 5 Std. am Tag putzen und habe mehr vom Leben.

Ich wage auch zu behaupten, dass Modeschulabgänger null Ahnung vom nähen haben. Das ist auch der Grund,weshalb sie keine Praxisplätze bekommen. Als Unternehmer kann man nicht einmal den Kollektivvertrag bezahlen, wenn so Ungeübte dreimal so lange wie ein Lehrling für einen Auftrag brauchen, wenn man die Kosten nicht mit dem erzielbaren Entgelt decken kann.

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Re: Gewerbeordnung/Kleidermacher

Beitragvon stecknadel » 01.04.2015 21:10

Frau Querdenkerin hat leider recht.
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Re: Gewerbeordnung/Kleidermacher

Beitragvon nadelkissen » 02.04.2015 08:25

Ich kann frau querdenkerin leider nur zustimmen. Leider deshalb , weil modeschüler heutzutage wirklich wenig ahnung vom nàhen haben. Wenn ich denke was ich damals noch alles in der schule gelerrnt habe.......10 jahre später ist schon 1/4 unterm tisch gefallen.... und jetzt?.... ok es wird etwas mehr darauf eingegangen wie ich mich selbst vermarkte, und es wird ein elektronisches Schnittzeichen-System benutzt (das sich nur große betriebe leisten können, bzw wenn die schüler endlich ihren abschluss haben schon überholt ist.).. es sind dafür aber wertvolle Werkstätten-stunden gestrichen worden......
Für jedes Problem gibt es mehrere Lösungen, finde die richtige Lösung für dich.

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Re: Gewerbeordnung/Kleidermacher

Beitragvon littlebee » 02.04.2015 09:38

29.03.2015 04:25 Uhr

Liebe Unterstützer!

Vielen Dank für´s Unterstützen, Teilen und Stimmen sammeln.

Wir haben vor einigen Tagen die Nutzer vom Forum "Vernadelt" über unsere Initiative informiert. Leider ist es uns noch nicht gelungen die Herrschaften von unserer Forderung zu überzeugen.

ES BESTEHT ERHÖHTER BEDARF AN ÜBERZEUGUNGSARBEIT!

Bitte unsere Argumente für die das FREIE GEWERBE Damen- & Herrenkleidermacher vertreten.

Drei Dinge bitte unbedingt beachten:

1) Es geht nicht um unsere Schule, es geht um die Sache
2) Es geht nicht um das Schnitt Konstruktionssystem von Sitam, es geht um die Sache
3) Auch wenn es oft schwer fallen wird, KEINE PERSÖNLICHEN UNTERGRIFFE! ;-)))

Ist nicht unser Stil!

Freue mich schon sehr auf eure Kommentare!

Lg Sabina





ich bin aus der Diskussion draussen, bin auf den Text aufmerksam gemacht worden und finde es irgendwie unverschämt

ich habe nämlich meine Überzeugungen und muss nicht bekehrt werden
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insa-ana, ju_wien, Lilli
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