Versäubern - Naht kratzt

Deine Nähmaschine zickt? Du hast ein Nähproblem und brauchst Hilfe?
Hier werden wir versuchen, uns gegenseitig zu helfen!

Versäubern - Naht kratzt

Beitragvon Anais » 13.04.2021 09:47

Hallo,

mir ist aufgefallen, dass die Nähte kratzen, sobald ich sie zusammengenäht hab (außer bei Jersey). Der Faden auf dem Stoff ist halt irgendwie hart und alles fühlt sich kratzig an. Was kann man dagegen tun?

Konkret habe ich einen ziemlich fransigen Stoff verwendet. Der Stoff ist an sich angenehm auf der Haut. Es geht um eine Hose. Die einzelnen Teile hab ich mit einem Zickzack-Stich zusammengenäht, um zu vermeiden, jedes einzelne Teil seperat versäubern zu müssen, dann wäre es noch kratziger geworden, denke ich, weil ja noch mehr Faden auf den Stoff gekommen wäre.

Was macht man dagegen? Mit der Fadenspannung scheint es nichts zu tun zu haben. Kann man "weichere" Fäden verwenden? Wie macht man am besten die Innenseiten der Hose, damit dann die Nähte nicht kratzen? Also konkret geht es um die Stellen an den Oberschenkeln. (Die Hose ist eh weit.)

Weiß jemand etwas?
Danke :)

Anais
 
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Re: Versäubern - Naht kratzt

Beitragvon ju_wien » 13.04.2021 16:51

Hallo Anais,

bist du sicher, dass es am Nähgarn liegt und nicht am Stoff selbst? Ich kenne eigentlich nur eine Art Garn, das gelegentlich kratzt: das "unsichtbare" (dh transparente) Polyamidgarn. Kratzt es nach dem Bügeln noch immer?

Je nachdem, wieviel Arbeit du dir antun willst:

1. ein weicheres Nähgarn versuchen (zB dünnes Baumwollnähgarn, echte Nähseide, aber auch weiche Universalnähgarne wie "Silk finish" von Mettler.

2. Mit Handstichen versäubern (Überwendlingstich oder Langettenstich).

3. Französische Nähte oder Kappnähte, damit die Nahtzugaben innen liegen.

4. Die Nahtzugaben mit einem weichen Schrägstreifen einfassen ("Hongkong Finish"). Die Schrägstreifen dafür schneidest du am besten selbst aus Futterstoffresten oder dünnen, weichen Baumwollstoffen (je nachdem, um welchen Oberstoff es geht). Bei fertig gekauften Schrägstreifen musst du darauf achten, dass sie weich und relativ dünn sind. Die bekommt man leider immer schwerer. Die meisten Fertigschrägstreifen sind besser für Dekosachen geeignet.

5. Das Modell füttern. Bei Hosen aus Wollstoffen hilft ein Halbfutter im oberen Teil auch, dass sie sich nicht so rasch ausbeulen und dass sie nicht an der Strumpfhose kleben. Das geht natürlich am einfachsten, wenn man es schon von vornherein einplant. Nachher kann man die Futterhose fast nur mehr mit der Hand einnähen.

Falls du bei einem der Vorschläge nur "Bahnhof" verstehst, schrei bitte. Ich wollte nicht alle Fachausdrücke schon prophylaktisch erklären, da der Text sonst sehr lang wird. Aber ich ergänze gerne.

//PS: Als ich deine Frage noch einmal las, fiel mir auf, dass du von einem "fransigen" Stoff schreibst. Ist der vielleicht aus unterschiedlichen Fasern zusammen gesetzt? Dann kann es leicht sein, dass die Oberfläche weich wirkt, aber der Anschnitt kratzig ist. Bei fransigen Stoffen ist Einfassen mit Schrägstreifen oder Füttern die eleganteste Lösung.

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Re: Versäubern - Naht kratzt

Beitragvon Anais » 15.04.2021 08:14

Hallo,

vielen Dank für deine Hilfe!!

bist du sicher, dass es am Nähgarn liegt und nicht am Stoff selbst?


Ja, du hast recht. Der Stoff ist auf der Haut liegend angenehm, aber an den Schnittkanten ist er eben nicht weich, sondern eher hart. Ich hab das nicht bedacht. Tja, so lernt man...

1. ein weicheres Nähgarn versuchen (zB dünnes Baumwollnähgarn, echte Nähseide, aber auch weiche Universalnähgarne wie "Silk finish" von Mettler.


Ok., werde ich zukünftig versuchen.

3. Französische Nähte oder Kappnähte, damit die Nahtzugaben innen liegen.


Ja, auf diese Nähte bin ich auch gestoßen.(yt-Videos) Die französische Naht kommt mir am leichtesten vor, aber reicht es tatsächlich stark ausfransende Stoffe sozusagen 2 Mal nur mit einem Geradstich zu "versiegeln"? Und geht das auch bei Hosenbeinen? Also ich meine beim letzten Schritt, wo das eine ins andere Hosenbein gesteckt wird und miteinander festgenäht wird, da näh ich dann ja quasi 2 französische Nähe zusammen und hab dann erst wieder so eine unangenehme Naht, oder wie macht man den letzten Schritt beim Zusammennähen dann?

5. Das Modell füttern. Bei Hosen aus Wollstoffen hilft ein Halbfutter im oberen Teil auch, dass sie sich nicht so rasch ausbeulen und dass sie nicht an der Strumpfhose kleben. Das geht natürlich am einfachsten, wenn man es schon von vornherein einplant. Nachher kann man die Futterhose fast nur mehr mit der Hand einnähen.


Ja, das hab ich jetzt gemacht. Hab ne dünne kurze Hose reingenäht, hat gut funktioniert und passt jetzt so für mich :) Beim nächsten Hose-Versuch mach ich gleich alles anders ;)

Danke :)
Lg!

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Re: Versäubern - Naht kratzt

Beitragvon ju_wien » 15.04.2021 20:10

Anais hat geschrieben:
3. Französische Nähte oder Kappnähte, damit die Nahtzugaben innen liegen.


Ja, auf diese Nähte bin ich auch gestoßen.(yt-Videos) Die französische Naht kommt mir am leichtesten vor, aber reicht es tatsächlich stark ausfransende Stoffe sozusagen 2 Mal nur mit einem Geradstich zu "versiegeln"? Und geht das auch bei Hosenbeinen? Also ich meine beim letzten Schritt, wo das eine ins andere Hosenbein gesteckt wird und miteinander festgenäht wird, da näh ich dann ja quasi 2 französische Nähe zusammen und hab dann erst wieder so eine unangenehme Naht, oder wie macht man den letzten Schritt beim Zusammennähen dann?


Jein. Französische Nähte funktionieren bei geraden Teilen am besten (zB Bettwäsche oder auch Seitennähte von Herrenhemden. Bei Bogen hast du das Problem, dass die Nahtzugabe an der Kante kürzer oder länger ist als die Naht. Ich besitze aber eine gekaufte Sommerhose, bei der alle Nähte als französische Nähte ausgeführt sind, auch die Schrittnaht (Kreuznaht) und die Taschenbeutel! Allerdings ist das ein dünner, weicher Viskosestoff und die Näherin in der Fabrik irgendwo in Fernost (Etikett nicht mehr lesbar) hatte sicher sehr viel Übung. Bei guten Herrenhemden sind die Nähte auch "französisch" oder als Kappnaht ausgeführt. Auch da gilt: relativ dünner Stoff und geübte Industrienäherinnen.

Bei dickerem Stoff werden französische Nähte sperrig. Ob sie für den konkreten Stoff geeignet sind, probiert man am besten an einem Rest. Allerdings sollte man sich schon vor dem Zuschneiden entscheiden, denn für französische Nähte braucht man breitere Nahtzugaben als wenn man die Nahtzugabe nur mit Zickzack oder Overlock versäubert.

Eine relativ alte Methode der Versäuberung (als Zickzacknähmaschinen noch sehr rar waren) geht so, dass man nach dem Zusammenfügen der Teile die Nahtzugaben gegeneinander einschlägt und entweder mit der Maschine oder mit der Hand zusammen näht. Das Ergebnis ist ähnlich wie eine französische Naht. Mit der Hand (Matrazenstich oder Saumstich) wird die Naht weicher, aber es dauert natürlich länger. Das macht man manchmal bei Babykleidung oder bei ganz edlen Modellen aus Seide oder Spitze.

Und eine gute Lösung für sich kreuzende französische Nähte suche ich schon lange. Die wird nämlich in allen Anleitungen verheimlicht *hehe* Bei Säumen löse ich selbst es so, dass ich die Naht nicht bis zum Ende doppelt nähe, sondern nur bis zum oberen Rand des Saumeinschlages. Aber das habe ich auch erst mit einigem Probieren und Studieren von Konfektionsmodellen rausgefunden.

Bei Jeans wird die Kreuznaht als Kappnaht ausgeführt, die der französischen Naht hinsichtlich Festigkeit ähnlich ist. Allerdings erfordert das einige Übung (besonders vorne beim Übergang zum Reißverschlußschlitz) und sieht nicht bei allen Stoffen schön aus.

Deutlich einfacher ist es, die Nahtzugaben der Kreuznaht mit Schrägstreifen einzufassen. Wenn du weißt, dass du bei der Anprobe nicht viel ändern wirst, kannst du die Teile schon vor dem Zusammensteppen einfassen. Da kommt man leichter dazu.

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Re: Versäubern - Naht kratzt

Beitragvon Anais » 16.04.2021 19:01

Super, danke für deine zahlreichen Tipps!!

Übrigens bin ich heute zufällig auf ein yt-Video gestoßen, dort hat jemand die Hosenbeine überhaupt so ausgeschnitten, dass nur eine Außennaht anfällt. Da fallen zumindest die Nähe auf der Innenseite schon mal weg. ;)

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Re: Versäubern - Naht kratzt

Beitragvon ju_wien » 17.04.2021 04:32

Anais hat geschrieben:Übrigens bin ich heute zufällig auf ein yt-Video gestoßen, dort hat jemand die Hosenbeine überhaupt so ausgeschnitten, dass nur eine Außennaht anfällt. Da fallen zumindest die Nähe auf der Innenseite schon mal weg. ;)


Bei weiten Hosen mit geraden Beinen kann das gut funktionieren, bei Leggings auch. Aber der Fadenlauf in der vorderen und hinteren Mitte passt dann meistens nicht mehr. Bundfaltenhosen und Hosen mit Bügelfalte fallen nicht mehr gerade, wenn der Fadenlauf nicht vertikal verläuft und bei Streifenmuster sieht es wahrscheinlich merkwürdig aus.

Hast du den Link zum YT Video noch? Mich würde die Lösung interessieren.

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Re: Versäubern - Naht kratzt

Beitragvon Anais » 17.04.2021 09:16

Ah, danke für die Infos.

Hier das Video, aber dort ging es hauptsächlich darum, wie man die Falten wegkriegt, wenn die Hose noch nicht ideal sitzt und nicht perfekt zugeschnitten worden war: https://www.youtube.com/watch?v=J2-d_5QNXSo

Lg :)

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Re: Versäubern - Naht kratzt

Beitragvon ju_wien » 18.04.2021 15:53

Danke :)

Die Frau hat ja unendlich viele Videos hochgeladen. Da braucht man trotz Lockdown drei Leben, um die alle anzuschauen.

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Re: Versäubern - Naht kratzt

Beitragvon ju_wien » 23.04.2021 08:14

Hier gibt es ein Foto von einer eindrucksvoll schmalen französischen Naht https://www.threadsmagazine.com/2021/04 ... sew-series in der Videoanleitung zeigt sie die Naht breiter https://www.threadsmagazine.com/2012/01 ... pped-seams

So schmal kann die französische Naht nur in hauchdünnen Stoffen funktionieren und bei denen hat man meistens das Problem, dass sie leicht ins Stichloch gezogen werden, wenn man ganz am Rand näht. Also was für Menschen mit Geduld und guten Nerven :)

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Re: Versäubern - Naht kratzt

Beitragvon Anais » 24.04.2021 10:12

Interessant, danke.

Ich hab inzwischen ein T-Shirt so probiert. Hatte noch Stoff. Aber wenn ich an den Seitenteilen die franz. Naht hochnähe und dann an den Ärmelteilen rundherum nach innen schlagen will (also es ist eh ärmellos, trotzdem muss ich den Stoff umschlagen), stoße ich auf die franz. Naht und dort gibt es einen riesigen Wulst an Stoff. Da kann man schwer drübernähen. Man müsste dann wohl die Ärmel eher einfassen, Umschlagen zum Säumen ist dann nicht mehr so gut.

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Re: Versäubern - Naht kratzt

Beitragvon ju_wien » 24.04.2021 16:26

Das war genau das Problem, das ich beim Saum auch hatte. Ich habe es gelöst, indem ich die französische Naht nicht bis zum Stoffrand ausgeführt habe, sondern die letzten Zentimeter mit einer "normalen" Naht verbunden habe. Am Übergang muss man die Nahtzugabe eventuell einschneiden. Leider weiß ich nicht, wo ich das Musterstück hingeräumt habe, daher kann ich kein Foto machen.

Bei Jersey habe ich allerdings überhaupt noch nie französische Nähte versucht. Den muss man normalerweise ja nicht versäubern (und wenn, dann zusammengefasst mit Zickzack, wenn man keinen speziellen Overlockstich hat).

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Re: Versäubern - Naht kratzt

Beitragvon Anais » 24.04.2021 20:06

Ja, ich werd wieder Jersesy nehmen :)

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