Stretchschnittmuster - wie kompliziert soll es sein?
Radio Eriwan sagt: "Je nachdem".
Je mehr der Stretch in alle Richtungen nachgibt, desto "weniger" muss das Schnittmuster leisten.
Je kurviger die Figur ist, desto wichtiger sind Abnäher.
Wenn sich der Stretch in einer Richtung dehnen muss, um um die Kurven zu passen, wird er in der anderen Richtung kürzer. (Das führt zB bei Miniröcken oft zu recht merkwürdigen Verformungen, die die Trägerin selbst nicht sieht, weil sie vor allem hinten auftreten.)
Stretch kann man nach herkömmlichen Schnitten mit Abnähern usw. nähen, man muss aber nicht. Die Überlänge an der Ärmelkugel hinten und oben kann man eliminieren. Abnäher beim Ellenbogen und Schulterblattabnäher kann man auch streichen.
Ob man Brustabnäher streichen kann/will, hängt a) von der Figur ab (bei A Körbchen geht das recht problemlos, bei D oder größer wird es mühsam/hat es Nebenwirkungen) und b) davon, wie figurbetont man die Teile gerne trägt.
Ganz enge Stretchoberteile werden nach dem Maß des Taillenumfangs zugeschnitten und über Brust und Hüften muss sich der Stoff eben dehnen. Das kann gut funktionieren oder auch nicht. Bei gemusterten Stoffen sieht man genau, wo es sich dehnt. Das kann ein gewünschter Effekt sein oder auch nicht. (Siehe auch die Leggings, die sich über jeden Po zerren lassen, aber dabei transparent werden.) Und man muss die Längenänderung berücksichtigen (siehe oben) wenn man nicht nicht auf bauchfreie Wintersachen steht ;-)
Grundsätzlich kann man alle möglichen Kleidungsstücke aus allen möglichen Materialien aus einfachen Grundformen (Rechteck, Quadrat, Kreis ...) zusammensetzen. Gibt es alle paar Jahre wieder. ZB Blusen und Tops aus Seidentüchern oder Röcke, die aus lauter Stoffquadraten zusammengesetzt sind, sogar Hosen können so funktionieren. Historische Schnitte waren oft so gebaut, zB alte Dirndlblusen und Herrenhemden, Kimonos, Capes. Klassische (Herren-)T-Shirts heißen so, weil sie T-förmig sind, dh ein Rechteck vorne und hinten und daran angesetzt Rechtecke für die kurzen Ärmel, kein Armloch, keine Ärmelkugel. Ganz so elegant und faltenfrei wie ein eingesetzter Ärmel sitzt so ein T-Shirt-Ärmel nicht, aber bei Strickwaren (auch bei handgestrickten Pullovern) funktioniert er, wenn der Strick einigermaßen nachgibt und nicht so dick ist, dass er sich unter den Armen unangenehm "staut". Aus Webware (Dirndlblusen, Kimonos) funktioniert sowas nur, wenn der Schnitt eher lose ist und wenn man sich nicht heftig bewegt. Außerdem muss man damit rechnen, dass die Naht unter der Achsel bald einmal aufreißt. (Daher gibt es als Verbesserung des einfachen T-förmigen Zuschnitts ein T mit Achselkeil.)
Zusammengefasst: um Experimentieren wirst du nicht herumkommen. Du kannst aber auch einmal einen Regentag in einem Kaufhaus oder Einkaufszentrum verbringen und dir dort anschauen, wie elastische Modelle in der Konfektion gefertigt werden.